Alle Jahre trifft sich meine Familie auf dem Raimeux zum Pulver-Fest und verbringt im Naturfreundehaus ein friedliches Weekend zu Speis und Trank, Musik und Gesprächen, so wie es sich meine Grossmutter für uns alle gewünscht hat. Während einige sich motorisiert auf die Jurahöhe begeben, streichen andere anstelle An- und Rückfahrt durch die schöne Natur…
Dieses Mal habe ich mir für Samstag den lockeren Aufstieg von Moutier an der südlichen Kante der Gorges de Moutier vorgenommen, am Sonntag entlang der nördlichen Steilwand nach Osten über eine wenig begangene Route in Richtung Passwang.
Distanz: ca. 32km
Höhenmeter: ca. 1’740m hoch / 1’420m runter
Marschzeit: 6h15
GPS-Route: SchweizMobil
Beschrieb: Chemin de Raimeux (Nr. 424), Abschnitt Raimeux de Grandval – Sur le Golat; Weissenstein-Passwang-Weg (Nr. 478), Etappe 2 (Abschnitt Stierenberg – Vorder Erzberg); ViaSurprise (Nr. 32), Etappe 3 (Abschnitt Vorder-Erzberg – Passwanghöhe)
Moutier – Mont Raimeux (Tag 1)
Diesmal reise über Biel an, das geht ab Bern ziemlich zackig. In Moutier angekommen zeigt sich das Wetter wanderfreundlich, im Vergleich zu den Vorjahren ist es angenehm frisch und bewölkt, was die Szenerie ein wenig dramatischer erscheinen lässt. Zuerst führt der Wanderweg durch das in Kürze vermutlich sich vom Kanton Bern abspaltende Städtchen, oberhalb der letzten Häuser beginnt der vom Blattwerk federnde Wanderweg in langen Kehren in Richtung Plateau des Mont Raimeux. Ich komme sehr gut voran, mache kurz Pause über dem Städtchen und geniesse die Aussicht in die Gorges de Moutier. Spannend den Autos und der Bahnlinie, die die Birs mehrfach kreuzen, zuzusehen. Bei Punkt 970 halte ich mich diesmal links über die Felder und steige im nebligen Waldstück zum oberen Ausläufer der Arête du Raimeux. Von da weg geht’s sumpfig hoch zur Cabane du Raimeux und schliesslich bei bissiger Bise schnurstracks zum Naturfreundehaus. Nebst Speis und Trank gibt’s auch noch einen wunderschönen Sonnenuntergang und ein glühendes Abendrot, die Temperatur fällt rasch gefühlt dem Gefrierpunkt zu…
Mont Raimeux – Passwang (Tag 2)
Frühmorgens ist die Nordseite des Hauses mit Raureif überzogen, es war ziemlich kalt im Haus, ich bin froh meinen warmen Schlafsack – der PCT lässt grüssen – dabeigehabt zu haben. Nach einem ausgiebigen Frühstück überfallen wir noch den Spielplatz, bevor es mich kurz vor Mittag wieder auf den Wanderweg zieht. Schön wars mit euch allen, auch wenn grippe- und programmbedingt nicht alle dabei sein konnten.
Ich starte in Richtung Turm des Mont Raimeux, langsam schon ein alter Bekannter von mir. Frisch pfeift mir die Bise entgegen, sodass ich mir den Aufstieg auf der eiskalten Leiter erspare. In leichtem Auf und Ab führt der Wanderweg nur stellenweise etwas ausgesetzt entlang des Nordgrats, ab und zu eröffnet sich mir die Sicht hin zu Delsberg und Basel. Einen Schreckmoment erlebe ich, als ich mit meinem Schuh in einer spitzen Wurzel hängenbleibe und *ratsch* mein linker Trailrunningschuh ein grosses Loch abbekommt; froh über die neue Belüftung geht’s bis oberhalb von Le Petit Pré, danach steil links ab um beim Le Schlag innert Kürze fast 600 Höhenmeter nach Envelier runter zu gehen.
Der Abstieg ist zu Beginn steil und rutschig, führt oberhalb Ramboden mühsam über ein von Kühen zerstampftes Feld, schliesslich entlang des Strässchens zur kleinen Dorfkirche ganz ins Tal runter. Auf der gegenüberliegenden Talseite steigt der Weg zuerst gemächlich, dann nach rechts immer unwegsamer über einen Holzschlagweg hoch zur kleinen Alpwirtschaft von La Petite-Schönenberg, zu guter Letzt ganz hoch zum Schönenberg. Dort mache ich erstmal Pause und gönne mir ein paar Kalorien, der Blick auf die Alpen ist fabelhaft.
Zügig geht’s von da an der Bellihütte vorbei nach Rothlachen, bevor der Wanderweg rechts hoch auf den Grat zum Matzendörfer Stierenberg führt, einer weiteren Bergwirtschaft. Den kurzen Abschnitt über den Scheltenpass bis hin zum Vorder-Erzberg habe ich noch in guter Erinnerung (siehe Hike#52), der Sunnenberggrat hatte ich mir damals vorgenommen, heute werde ich aufgrund des etwas engen Timings nicht den ganzen begehen können, das hole ich später mal noch nach. Ab Chratteneggli verläuft der Wanderweg in leichtem Auf und Ab an der Bärenflue und vor Beibelberg am vom weit sichtbaren Kreuz vorbei, schliesslich steche ich noch vor dem eigentlichen Passwang rechts runter über die Wiese direttissima zur Bushaltestelle bei der kleinen Kapelle.
Röhrend fahren Motorräder und Autos an mir vorbei, eine Kakofonie von Motorenlärm. Ich staune wie stoisch die Kühe am Strassenrand dies über sich ergehen lassen… Mit dem Postauto geht es dann bequem nach Balsthal zu Tale, wo ich einer eisenbahnbegeisterten Meute begegne, die sich einer Prozession an Re4/4 – Loks erfreut. Ich bin froh, dass mich der ÖBB-Regionalzug nach Oensingen und die SBB schliesslich über Solothurn per RBS nach Bern zurückbringt. Sachen gibt’s!