Hike #52 / Gänsbrunnen – Scheltenpass – Grellingen

Der schnittigen Bise zum Trotz habe ich mich entschieden, heute nicht in Richtung schneereichem Berner Oberland sondern gen Jura mich aufzumachen. Als Ausgangspunkt habe ich analog meiner Wanderung über den Mont Raimeux nach Delsberg den etwas verloren wirkenden Bahnhof Gänsbrunnen gewählt. Gemütlich geht es am Steinbruch Müliberg Klus vorbei und dahinter in Richtung Welchenrohr leicht aufwärts auf einem abwechslungsreichen Waldweg. Oberhalb Malsen schlängelt sich eine spektakuläre Schotterpiste hoch hin zum Harzergraben, danach geht’s gefühlt ewig steil bergauf… Oben beim Bergrestaurant Hinter Brandberg angekommen, begrüssen mich Bise und Schnee. Auf letzteren hätte ich eigentlich gerne verzichtet, doch es wollte wohl nicht so sein.

Etwas mühsam gestaltet sich das Wandern im abschüssigen Wald bis zur kleinen Kirche vor Mieschegg, wo mich ein übermotivierter Dauerkläffer begrüsst. Zackig marschiere ich an ihm vorbei, hoch zum Gipfelkreuz oberhalb der Oberen Tannmatt. Von da weg bessert sich die Situation etwas, denn ich laufe mehrheitlich auf der windabgewandten Seite, doch mit der wärmenden Sonne gesellt sich noch etwas dazu: Rutschiger und an den Sohlen wunderbar haftender Matsch! Zum Glück sind die Passagen an den Nordhängen wiederum mit gut und gerne 10-15cm Schnee versehen… und schon komme ich grummelnd auf der Passhöhe des Scheltenpass an.

Nun beginnt ein spassiger Abschnitt, nämlich entlang des relativ schmalen Grats bis zur Bergwirtschaft Vorder Erzberg. Noch den Aufstieg zur Skihütte Hohe Winde weggesteckt, und ich gönne mir eine wohlverdiente Mittagspause. Wunderschön ziehen die Wolken über mir zügig vorbei…

Gestärkt steige ich die letzten paar Höhenmeter hoch aufs Plateau Hohe Winde, mit rund 1’200 m.ü.M. der höchste Punkt meiner Wanderung. Hier oben geht die Bise durch Mark und Bein, das Fotografieren mit klammen Fingern wird zur echten Herausforderung. In Erinnerung bleibt der Ausblick nach Basel, wo die beiden Roche-Türme klar zu erkennen sind. Der Weg runter vorbei an der Hütte Kleine Winde ist quasi unbegangen, und das wohl mit gutem Grund. Denn unter dem Schnee ist nun auch Matsch, und nur dank Wanderstöcken und ein paar gekonnten Pirouetten konnte ich den Abstieg meistern. Glücklicherweise lässt mich der in grossen Kehren hinunter nach Beinwil führende Waldweg genügend Zeit zum Grummeln… 🙂

Beim ehemaligen Benediktinerkloster in Beinwil fülle ich meine Wasserflasche auf und nehme anschliessend den für heute letzten gröberen Anstieg hoch zum Chasten in Angriff. Beim Bärenbüel mag ich mich vage daran erinnnern, bereits einmal hier gewesen zu sein, und zwar im Rahmen eines Grillabends mit der gesamten Pulver-Family, doch ganz sicher bin ich mir nicht. Und beim Blick auf die Karte staune ich nicht schlecht: Ich befinde mich immer noch im Kanton Solothurn. Wieder mal etwas gelernt für meine Pösteler-Geografiekenntnisse.

Von da an geht es im Zickzack runter – an einer Steinmannli-Versammlung vorbei – nach Meltingen, geradewegs unspektakulär. Doch was danach folgt ist schlicht und ergreifend phänomenal, allein dafür haben sich alle Strapazen gelohnt! Von Beginn bis zum Ende des Kaltbrunnentals komme ich aus dem Staunen nicht heraus, so verwunschen erscheint die naturbelassene Kulisse, dass ich glatt vergesse, im nördlichsten Teil der Schweiz zu sein. Immer wieder fasziniert der Bachlauf, die moosbehangenen Bäume, der über viele Brücken gehende Waldweg, die teils offensichtlichen teils etwas verdeckt liegenden grossen und kleinen Höhlen im Gestein… doch seht selbst!

Wie schön – aber gleichzeitig wohl auch gut besucht – muss es an heissen Sommertagen hier sein, überlege ich mir. Einzig die sich doch etwas stark bemerkbar machenden dunkelgrünen Algen stimmen mich ein wenig bedenklich, ob da wohl ein Zusammenhang mit der Abwasserreinigungsanlage ganz zu Beginn des Tals besteht? Nun denn, am Talende erwartet mich die Birs und ein letzter Kilometer bis zum Bahnhof Grellingen. Müde aber happy mache ich es mir im Zug gemütlich zurück nach Bern…


Distanz: 37.2km
Höhenmeter: 1’550m hoch / 1’950m runter
Marschzeit: 8h30
GPS-Route: SchweizMobil
Beschrieb: Weissenstein-Passwangweg (Nr. 478), Etappe 2 vom Weissenstein zum Start des Passwang-Weg (Abschnitt Obere Tannmatt – Vorder Erzberg), Via Surprise (Nr. 32), Etappe 3 von Wasserfallen nach Beinwil (Abschnitt Vorder Erzberg – Beinwil) und Etappe 4 von Beinwil nach Zwingen (Abschnitt Beinwil – Chessiloch)

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