Day#71 / Spanish Peak Ridge – Frog Mountain Ridge (km 2046-2096)

Der heutige Tag liesse sich sehr einfach zusammenfassen: Zuerst geht‘s abwärts, dann gibt‘s Mittagessen in Belden, weiter geht‘s hoch bis zum Frog Mountain, Nachtessen, fertig! Wer‘s gerne etwas detaillierter hat, liest weiter…

Starten tut mein einundsiebzigster Tag um kurz nach fünf Uhr, und zwar mit einem wunderschönen Sonnenaufgang (der auf den Fotos nicht mal ansatzweise so hübsch rüberkommt wie live!). Ich habe mir vorgenommen, möglichst früh nach Belden zum Mittagessen einzukehren und dann möglichst den ellenlangen Aufstieg hinter mich zu bringen, damit ich am Folgetag Sonntag eine Chance habe, nach Chester zu hitchen, am Vorabend des amerikanischen Nationalfeiertag, dem Independence Day. Also mache ich mich auf, das apokalyptisch verbrannte Waldstück zu erreichen und dann raschmöglichst zu queren, schliesslich die rund 1100m Höhendifferenz nach Belden runter zu bodigen. Bis zum abgebrannten Waldstück geniesse ich – von Moskitos verfolgt – die Fernsicht, Lassen Peak kommt immer näher. Der Wechsel in das verbrannte Waldstück ist heftig und vollkommen, es ist als würde ich an der Migros Kasse in einen Barcode eines beliebigen Produkts eintauchen, so stehen die verbrannten Bäume wie senkrechte Linien da. Ich komme wieder ins Grübeln und versuche die Herleitung meiner Erkenntnisse am Vortag festzuhalten, was gehend gar nicht so einfach ist. In Kurzfassung geht das ca. so:

Dinge die uns nähren, also lebensnotwendig sind, zu denen tragen wir Sorge, denn ohne sie gehen wir selber früher oder später wahrhaftig zu Grunde. Wer sich also um seine Lebensgrundlage sorgt, betreibt im weiteren Sinn Asset Management (dieser Gedankensprung war am Vortag ev. etwas gar heftig, sorry). Wer dem aller Ursprung, also der Natur Rücksicht nimmt, ist naturverbunden. Wer dies bei seinem Tun und Lassen nicht einfliessen lässt, berücksichtigt nur einen Teil der relevanten Faktoren, ist also nicht nachhaltig unterwegs. Würde dies dafür sprechen, im Infrastrukturbereich mehr Biologen als Betriebswirte und Ingenieure in der Funktion Asset Manager einzustellen? Würde ich gerne diskutieren… Und wie kommt man zu Naturverbundenheit? Dies geht m.E. nur über das Erleben, bei dem man sich in Bezug zu ihr setzt. Bezug führt zu Beziehung, und das bedeutet für mich, dass zwischen mir und der Natur zwei Dinge geschehen: Beziehen im Sinne „ich nehme und gebe“ (d.h. beziehen wie kaufen/verkaufen, Tauschhandel) sowie „einander aushalten“ (Zug, im primitivsten Sinne physikalische Zugkraft). Ist eines von beidem nicht gegeben resp. nicht ausgeglichen, entgleitet die Beziehung ins nicht nahhaltige. Das ganze lässt sich natürlich auch auf zwischenmenschliche Beziehungen übertragen. Und der schlimmste Fall aller ist der Durchzug, da gibt es am Schluss fast immer Scherben… Alles unklar? 😉

Den Abstieg nehme ich sportlich, mit Musik auf den Ohren höpperle ich runter ins Tal, entdecke die Freude am Trailrunning wieder. Bereits kurz nach elf Uhr sitze ich mit anderen Hikern an der Bar und bestelle mir was zu essen. Knapp ein Stunde später gibt‘s für mich kein Halten mehr, der strenge Aufstieg zum Frog Mountain muss dran glauben; ganze fünf Stunden benötige ich, bis ich ennet dem Grat ein Schlafplätzchen inmitten einer grünen Oase finde, umgeben von abgebranntem Wald soweit das Auge reicht. Müde aber zufrieden lege ich mich schlafen, morgen sollte einfacher sein…


2 Kommentare

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Wow, der Sonnenaufgang ist auch auf den Bildern sehr eindrücklich!!
Und die abgebrannten Bäume machen einfach nur traurig.
Oh nein, Dein letztes Ricola. Soll ich Dir welche schicken?
Und spannende Bilder aus der Zivilisation. Workin› on the railroad …

Salut Thierry,
Fabelhafte Bilder von den Blumen, vielen Dank 🌸🌺

Manchmal hilft es die Bildunterschrift zu lesen (Ricola) 😉

Das Bild vom Baum in der Morgenstimmung 5/20 ist eines der schönsten! 🤩

Buen camino 👟👟
Ralph

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