Day#17 / Splinters Cabin – Highway 138 (km 480-529)

Heute war irgendwie ein aussergewöhnlicher Tag, sofern es auf dem PCT überhaupt so etwas wie Normalität gibt. In der Regel erlebe ich rund 4-5 Highlights pro Tag, die ich mir echt verdienen muss, heute kam‘s ein wenig anders. Begonnen hat der Tag super unter der Brücke, obschon es ziemlich kalt war. Der Trail folgt brav dem Deep Creek und schon bald passiere ich den Mile Marker für 300 Meilen. Auffallend bereits jetzt, der Westwind ist bitterkalt. Ich entdecke ein paar neue Blumen und geniesse vor allem die wärmende Sonne. An einer Stelle stinkt es bestialisch nach Urin, Erinnerungen an Raubkatzengehege im Zoo werden wach. Auch machen sich an den Hängen schmale Trampelpfade diagonal zum Trail runter zu einer zugänglichen Stelle am Wasser bemerkbar, unmöglich dass Menschen mit ihrem Gewicht solche hinterlassen. Etwas weiter ein grösserer Kothaufen auf dem Trail, und jetzt beginnt‘s mich erst recht zu interessieren. Nach längerer Suche finde ich ca. 5cm messende Spuren im grobkörnigen Sand neben dem Trail, in meinen Augen in ihrer Form zu rund um von den hundeähnlichen Koyoten zu sein, eher von einem Luchs oder so. Damit endet das Spurenlesen für den Moment, den quasi um die Ecke warten die Deep Creek Hotsprings auf mich. Kaum dort angekommen entledige ich mich meiner Klamotten und steige ins gut und gerne 38 Grad heisse Wasser, eine wahre Wohltat! Im Gespräch mit einem frühpensionierten Kalifornier erfahre ich einiges über die Marotten der Hiker und auch der Locals. Freak sein scheint hier auf der Tagesordnung zu stehen, nicht selten ist das in Kalifornien komplett legalisierte Hanf im Spiel. Bei der einen Geschichte lüftet sich das Geheimnis um die vorgängig entdeckten Spuren, denn ein paar Locals hätten auf dem Zugangsweg zu den heissen Quellen ein von einem Berglöwen liegengelassenes Hirschkadaver gefunden, dessen Kopf mitgenommen und den PCT-Hikern in die Trailmagic-Kühlbox gelegt oberhalb des Pools, wo ich grad vor mich hingare… so ist das also! 😅

Nach den Quellen werden die Flanken des Deep Creek flacher und es zeichnet sich das Ende des Tals ab, in der Ferne wiederum der schneebedeckte Mount Baden-Powell. Erstmals schaffe ich es einen der vielzähligen Schmetterlinge vor die Linse zu kriegen, und auch eine Ameise (?) mit weissem Ponpon entdecke ich; von letzteren habe ich schon solche mit rotem, gelben und orangenen Hintern gesehen, werde versuchen die Kollektion fotografisch festzuhalten. Am Ende des Tals blicke ich etwas verblüfft auf zwei gigantische Talsperren, wobei sich mir nicht ergibt, wovor der Damm wen schützen soll.Der Deep Creek führt im Winter ab und an Hochwasser, 5-6m hoch, doch niemals soviel, dass es eine solche Ingenieursleistung bedürfte. Am Fusse des Mojave River Fork Dam, so heisst er nämlich, mache ich zuerst mal Mittagspause und telefoniere mit Amélie, beides tut mir gut.

Der nächste lange Abschnitt des Trails ist schlichtweg der langweiligste bisher, er zieht sich endlos der Ebene entlang, dreht immer wieder in Seitentäler ab und kommt wieder hervor, absolut nervtötend. Ich schlage die Zeit mit singen, Schritte, Sträucher und Vögel zählen, versuche mein Solarpanel-Setup zu optimieren (doch die Sonne scheint mir je länger je mehr von Westen her in die Rübe (das Solarpanel ist auf meinem Rucksack montiert und guckt nach Osten), futtere im Gehen Süsses in mich rein… der blanke Horror! Und das Schlimmste: Der Westwind ist bitterkalt, und die Sonne brennt erbarmungslos runter, anziehen, ausziehen, anziehen… Mann-o-Mann, was mache ich hier eigentlich? Die Aussicht, dass ich später entlang des Silverwood Lake werde entlang laufen und an einem lauschigen Plätzchen mein Zelt aufstellen werde, hindert mich am Absitzen und Schmollen. Doch es kommt anders, zuerst noch die Fotos vom Krisennachmittag.

Auf der Karte zeichnet sich ab, hinter der nächsten Biegung sollte der See sein, und dann das hier:

Ich hab‘s begriffen, der See ist künstlich angelegt zur Wasser- und Stromversorgung. Dennoch ist er schön anzusehen in der tiefstehenden Nachmittagssonne. Der nächste Schreck: Das avisierte Plätzchen für die Nacht bei der Picnic-Area wird nix, aufgrund von wiederholtem Littering ist das Übernachten ausserhalb des offiziellen State Campgrounds strikt untersagt! Das heisst gut und gerne nochmals 10km mehr für heute… ziemlich platt komme ich bei Sonnenuntergang auf dem Campground an und gönne mir zuerst mal eine heisse Dusche. Danach gibt‘s ein warmes Nachtessen im Zelt, denn es wird bitterkalt…



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4 Kommentare

Kommentieren

Wow, ein Hammer-Tag. So nah liegen «entspannt» und «durchbeissen» beieinander. Trotzdem ein sehr eindrücklicher Tag, oder?
Und so langsam zeigen sich die Berglöwen, oder?
Wünsche Dir weiterhin alles Gute, äs fägt einfach, von Dir zu lesen.
Herzlichen Glückwunsch zu den 300 Meilen.

Ja, die Berglöwen (sowie auch Bobcats) werden häufiger, ob ich sie persönlich antreffen werde steht auf einem anderen Blatt. Ja, manchmal ist ein kleines übersehenes Detail Grund für eine ziemlich lange Extrameile… ich kann dem mit noch mehr Planung begegnen oder es halt eben hinnehmen und das Beste draus machen. Sehr lehrreich für mich! 😛

Bonjour fiston, aujourd’hui je n’aimerais pas être avec toi. Malgré les belles
couleurs de bleu, j’aurais un peu la frousse de me trouver nez à nez avec
ce qui ne porte pas bonheur. Bravo pour ton courage, je te suis chaque jour
et toujours curieuse de tes nouvelles découvertes. Je me passionne de contempler toutes ces jolies fleurettes, formes et couleurs extravagantes.
Bon courage pour la suite.
Montréal n’est pas encore vraiment sorti de la pandémie, les masques sont toujours présents et l’on vit au ralentie.
Continue de nous enthousiasmer.. je t’embrasse bien fort,,,Mamie

salut mami, tout ce passe plus ou moins bien pour l‘instant, les derniers quatre jours étaient très durs, je mettrai les nouvelles en ligne car je suis pour deux nuits à tehachapi pour faire des courses et reprendre des forces. 😘

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