Hike#70 / Bergläger ob Adelboden – Rossfälli ob Gstaad

Das Tischlein war ja reich gedeckt, geschlafen habe ich auch recht gut, trotz wiederholten Regengüssen, Wetterleuchten über den Lonern sowie ab und zu vorbeifahrenden Autos. Als ich losmarschiere regnet es zwar noch nicht, ein scheuer Blick auf den Niederschlagsradar lässt mich schon kurz nach Aufbruch mein komplettes Regentenue anziehen, und das keinen Augenblick zu früh. Von Geils bis zur Hahnenmoospasshöhe verläuft der Weg auf der asphaltierten Strasse, und so gibt‘s nebst massig Feucht von oben auch fliessendes Nass, das mir flutartig entgegenkommt. Innert Kürze schwimme ich in meinen Schuhen und von der Anstrengung bin ich auch von innen her nass…

Auf der Passhöhe angekommen weht zusätzlich noch ein eisiger Wind, deshalb beschliesse ich kurz einzukehren und mich zu aufzuwärmen. Eine Ferienpass-Klasse, die sich auf dem Pass eine Woche lang mit Modellfliegerei beschäftigt – die Modellflieger stehen in einem Hangar alle in Reih und Glied bereit für den Jungfernflug – lärmen beim Frühstück neben mir. Auf dem Weg runter rutsche ich noch zweimal aus, jetzt sehe ich definitiv aus wie ein Fernwanderer, überall ein wenig erdfarben. Auch die netten Kollegen am Wegrand scheint‘s zu amüsieren.

Kurz oberhalb Lenk lacht mich die Sonne ein allerstes Mal an, ein gutes Zeichen für den Geburtstagsgruss an Léonie, die heute 19-jährig wird. Nach einer kleinen Stärkung aus dem Coop steige ich die wunderschöne Wallbachschluch hoch, ein Augenschmaus wie sich der Bach im unteren Abschnitt durch die Verengung zwängt. Der Aufstieg auf der linken Talseite gefällt mir sehr gut, nachdem ich jedoch über die Holzbrücke die Seite zum Siteweidli wechsle wird‘s mordmässig sumpfig, und das wird‘s bis zum Trütlisbergspass leider auch bleiben. Schöne Landschaft, aber mühsam für‘s Vorankommen.

Der anschliessende Gratweg und das Hinabtauchen ins Turbachtal ist für mich das Highlight des Tages. Hinter mir lassen kann ich den Regen und den mühseligen Sumpf, vor mir liegt ein Ruhe ausstrahlendes Tal mit vereinzelten Häuschen, rauschendem Bach und einladenden Plätzchen für eine Rast. Die Gratwanderung oben über den Giferspitz nehme ich mir für ein anderes Mal vor, soll wunderschön sein dort oben!

Oberhalb Gstaad eröffnet sich mir das Panorama auf die Gummfluh, der nächste Pass für die morgige Etappe, und auf Eggli, mein Tagesziel für heute. Die letzten Kilometer runter nach Gstaad sind obermühsam, da eine Umleitung falsch beschildert ist. Zudem komme ich mir – je weiter runter ich nach Gstaad gelange – ziemlich fehl am Platz vor, überall hochpolierte Elektroautos der Nobelmarken, Fashionistas und Schicki-Micki-Gehabe. Nicht mein Ding, denke ich mir, und lege nur kurz einen Proviantstop im Supermarkt ein.

Nun geht es auf der gegenüberliegenden Talseite gleich wieder steil hoch aufs Eggli, wo man im Winter skifahren kann, doch im Sommer für mich komplett unverständlich, nicht rauffahren kann. Ein Trailrunner gibt mir noch den Tipp, zuoberst beim Skilift zu übernachten, denn das Restaurant bei der Bergstation der Gondelbahn werde renoviert. Um nicht allzuviel Wasser den Berg hochschleppen zu müssen, hoffe ich auf der Baustelle fündig zu werden um das kühle Nass für die Nacht nachfüllen zu können. Was ich oben vorfinde übertrifft alle Erwartungen, das neue WC-Häuschen ist bereits renoviert und steht für die Bauarbeiter zur Verfügung… und auch für freche Wanderer. Noch sind es ein paar hundert Meter zum Sessellift, und nachdem ich bei der Bäuerin nachgefragt habe, ob ich beim Rossfälli zuoberst mein Zelt aufschlagen darf, richte ich mein Nachtlager ein. Eine wunderschöne Aussicht hier oben!


Distanz: 37.5km
Höhenmeter: 2’185m hoch / 2’080m runter
Marschzeit: 10h40
GPS-Route: SchweizMobil
Beschrieb: Via Alpina (Nr. 1), Etappe 15 (Abschnitt Bergläger – Lenk), Etappe 16, Etappe 17 (Abschnitt Gstaad – Rossfälli)

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