Hike #40 / Giubiasco – Monte Bar – Gazzirola – Monte Brè

Mann ist ja flexibel heutzutage! Ursprünglich plante ich in der letzten September-Woche von Meiringen über die Cappanna Cristallina ins Tessin zu wandern, das miese Wetter resp. der Wintereinbruch in der Woche davor – nein, den bis zu 50cm Neuschnee auf dem Grimselpass oder Robiei, da komme ich mit meiner Ausrüstung unmöglich gegen an – hat mich zum Umplanen gezwungen. Also schweift mein Auge ins Berner Oberland, in den Jura, schliesslich ins Tessin, und da erblicke ich den Sentiero di Lugano, der die schweizerische Stadt der Pärke und Palazzi in grossem Bogen umrundet. Für die mir insgesamt zur Verfügung stehenden drei Tagen tüftle ich mir eine – zumindest für meine Verhältnisse, wie ich später lernen werde – passende Herausforderung aus: In drei Etappen von der Magadino-Ebene nach Lugano und zurück, und zwar als Gratwanderung. 🙂

Giubiasco – Isone – Monte Bar – Cima Moncucco (Tag 1)

Ich starte frühmorgens in Giubiasco, wo ich mit maskierten Pendlern noch das Trottoir teile. Doch nicht für lange, schon steigt kurz hinter dem Städtchen der Wanderweg steil durch Kastanienwäldchen hoch zum Cima di Dentro, wo ich zum ersten mal dem Militärgelände von Isone begegne. Freudig wird im darunterliegenden Tal geballert was das Zeug hält, zum Glück stört das die Rehe nicht, und gut sind Fotos so still…

Ich würdige Isone keines Fotos und erfreue mich nach einem kurzen Aufstieg von Muricce bis Gola di Lago dem federnden Waldweg. Ein kleines Schildchen erinnert mich daran, dass dieser Wegabschnitt zum europäischen Fernwanderweg-Netz gehört, ich mich auf dem Trans Swiss Trail befinde. Im kleinen Weiler Zalto bewundere ich die Aussicht, die kalte Betten so haben können, zum Glück ist niemand da, mit dem ich sie teilen müsste. Danach geht’s hoch zur Waldgrenze, wo ich meine Mittagspause ansetze. Über mir thront die Caval Drossa, ein Zwischenschritt vor dem Monte Bar, meinem Minimalziel für heute.

Von hier an geht es stetig bergauf, zum Glück bläst eine kühle Brise und ist der Himmel ein wenig durchzogen, im Hochsommer muss es hier unvorstellbar heiss sein, das trockene Gras mag es bezeugen. An der letzten möglichen Stelle fülle ich meine Wasservorräte auf, denn bis weit in den Vormittag des nächsten Tages werde ich keinem fliessenden Gewässer mehr begegnen, allfällige Kuhtränken mal ausgenommen. Die Aus- und Fernsicht auf dem Monte Bar überzeugt, und gibt mir einen guten Überblick für den Hike am dritten Tag…

Kurz vor dem Cima Moncucco habe ich auf der Wanderkarte zwei eingezeichnete Ruinen entdeckt, die scheinen mir für als Nachtlager gut geeignet zu sein. Sie stellen sich jedoch als ziemlich beengend heraus, so errichte ich mein Zelt auf einem kleinen Sattel gleich darüber. Hier werde ich für heute alt werden, und geniesse mein hochgeschlepptes Feierabendbier. Nach Sonnenuntergang wird es sehr rasch sehr frisch, so verkrieche ich mich schon früh und frierend in meinen Daunenschlafsack, die Wolken verwehren den Blick auf die beim Allalinhorn untergehende Sonne, henu!

Cima Moncucco – Gazzirola – Monte Brè (Tag 2)

Um sechs Uhr geht der Wecker, ein langer Tag steht mir bevor, denn wenn ich auf dem avisierten kleinen Camping in Caslano übernachten will, dann muss ich spätestens um 17:00 Uhr die Standseilbahn vom Monte Brè nach Lugano erwischen! Ruckzuck gibt’s Haferbrei und Kaffee zum Frühstück, sind die Siebensachen zusammengepackt (während meine französischen Nachbarn noch immer friedlich Schnarchen). Der Aufstieg zur Spitze des Gazzirola zieht sich etwas, ist jedoch eine wahre Freude als ich oben ankomme. Etwas wehmütig muss ich mir eingestehen, dass das Übernachten auf der Spitze wohl noch eindrücklicher, aber auch ein paar Grade kälter gewesen wäre, vielleicht ein andermal oder als Tipp für Nachahmer! 🙂

Auf dem Abstieg in Richtung Passo di San Lucio begegne ich nicht nur einer fröhlichen Ziegenherde sondern es fallen mir auch die wiederkehrenden «Scenic Trail» – Markierungen auf… wie sich später herausstellt, eine der schönsten Ultra Marathons für Trailrunner. Soweit bin ich dann zugegebenermassen doch wieder nicht! Etwas erstaunt bin ich über die massive Bergkirche auf der Passhöhe, leider ist sie verriegelt und kann nicht besichtigt werden.

Gleich dahinter beginnt ein etwas mühsamer Teil hoch zum Passo di Fojorina, doch spätestens auf dem gleichnamigen Cima verschlägt einem die Aussicht auf den Lago di Lugano resp. die Fernsicht auf den Dom regelrecht den Atem, irgendwie fühle ich mich an den Brienzer Grat erinnert (siehe Hike#38).

Von hier weg schlängelt sich der nicht immer ganz einfach begehbare Wanderweg dem Grat entlang, so viele Grenzübertritte nach Italien habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gemacht! Auf dem Pian di Scagn schaue ich etwas ungläubig auf die Uhr, es ist schon drei und der Weg über den Monte Boglia wird mit über 3h Marschzeit angegeben, und hier erwacht der Trailrunner (mit Rucksack) in mir! 😉

Die Aussicht von der Spitze ist phänomenal, auch der Weg nach Brè zeichnet sich anfänglich klar und bekömmlich ab, im Wald wird er dann schliesslich zur Tortur, so ausgewaschen wie er ist… Ziemlich auf den Felgen steige ich schliesslich die letzten Treppenstufen hoch zum Monte Brè-Bähnchen, wo ich mir vor der Abfahrt noch hurtig einen Hopfensirup gönne.

Der Blick zurück von der Bahnhofsterrasse in Lugano löst in mir Freude aus, eine solch schöne Tour, das fägt! Den Trubel betreffend Camping lest ihr im nächsten Blog-Post…


Distanz: 46.8km
Höhenmeter: 4’104m hoch / 3’419m runter
Marschzeit: 15h (verteilt auf zwei Tage)
GPS-Route: SchweizMobil
Beschrieb: Trans Swiss Trail (Nr. 2), Etappe 29 resp. Via Gottardo (Nr. 7), Etappe 16 (Abschnitt Giubiasco – Gola di Lago), Sentiero de Monte Bar (Abschnitt Motto della Croce – Monte Bar) resp. Sentiero di Lugano (Nr. 52), Etappen 4-6 resp. Scenic Trail K54 (Abschnitt Gola di Lago – Monte Brè)

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