Day#58 / Cascade Creek – Sonora Pass (km 1607-1637)

Ich erwache in meinem Schlafsack um sechs Uhr und weiss nun, wie sich ein Frozen Burrito im Tiefkühlfach fühlen muss. Selbst habe ich trotz der -7°C ausserhalb meines Zelts schön warm, das Innenzelt selbst ähnelt einem angefrosteten Tiefkühlfach. Krass wieviel Kondenswasser sich an den Zeltwänden ansammelt und gefriert! Ich nehme es gelassen, heute stehen „nur“ 30km auf dem Plan, zudem soll das Wetter es wärmer bringen… Nach einem Frühstück mit Aussicht packe ich meine Eishöhle zusammen und geniesse die ersten Kilometer bei völliger Ruhe und spiegelglatten kleinen Seen. Nach kurzer Dauer stehe ich am 1000-Milemarker, bin hin und hergerissen in Gedanken und Emotionen. So weit schon, und doch noch mehr als anderthalb mal soviel vor mir! Ich erinnere mich an schöne, an harte und auch an traurige Momente auf dem Trail, Wahnsinn was sich da alles ansammelt in knapp zwei Monaten… Nach weiteren Kilometern kreuze ich den Walker River und es fällt auf, dass ich ähnlich wie vor den Sierras, wieder von rötlichem Gebirge umgeben bin. Auf einer Anhöhe mache ich Pause und lege mein nasses Zeug zum Trocknen an die Sonne aus; sieht aus wie bei einem Garage-Sale. 😊

Es folgt ein strenger Aufstieg zum Sattel des Kennedy Creek, in dessen Verlängerung ich heute zu übernachten Gedenke, und zwar in Kennedy Meadows North. Der Trail führt jedoch rechts hoch, quert mehrere Schneefelder und folgt über allem erhaben einem Grat Richtung Norden. Es weht wiederum ein bitterkalter Wind, doch die Aussicht in alle Himmelsrichtungen macht klamme Finger und kribbelnde Ohren vergessen. Ich beschliesse auf dem Grat oberhalb des Levitt Lake meinen Lunch zu verspeisen, einfach himmlisch hier oben. 🤩

Nach geglückter Stärkung folge ich weiter dem Trail entlang des Grats. Wären da nicht der kalte Wind und wiederkehrend die teils ziemlich abschüssigen Schneefelder, die es zu queren gilt, der reinste Sonntagsspaziergang. Die Fotos dürften für sich sprechen, ich bin begeistert von diesem Abschnitt, ein krönender Abschluss der Sierras. Getrübt wird das ganze durch einen anhaltenden Schmerz auf der Rückseite meines rechten Knies, das verheisst gar nichts Gutes! Oberhalb von Sonora Pass verlasse ich den Yosemite Nationalpark, und damit ist auch die Tragpflicht für den Bärenkanister zu Ende, endlich! Auf der Passhöhe angekommen kann ich kaum noch gehen, und kaum habe ich meinen Rucksack abgestellt, hupt mich eine freundliche Dame aus ihrem Auto an, ob ich einen Hitch ins Tal benötigen. So schnell ging‘s noch nie, und zwanzig Minuten sowie ein anregendes Gespräch mit den Eltern im Fond später, stehe ich bereits vor dem General Store. Die Stimmung den Hikern gegenüber empfinde schon von Beginn weg als eher kühl, nicht vergleichbar mit Kennedy Meadows South. Nach einer kleinen Stärkung verhökere ich meinen Bärenkanister, kaufe für die nächsten fünf Tage Fressalien ein und nehme eine heisse Dusche. Das Restaurant ist dermassen im Stress, dass ich es links liegen lasse und zum nahegelegenen Campground des National Forest Service mich begebe. Nach Handwäsche, Proviant umpacken und Nachtessen sinke ich todmüde in meinen Schlafsack. Mein rechtes Knie pulsiert, ev. lege ich morgen gezwungenermassen einen ZeroDay ein… 😢


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