Hike#74 / Meiringen – Grimselpass

Heute nehme ich den letzten Abschnitt meiner Fernwanderung entlang der Aare unter die Füsse, der mehrheitlich auf der Via Sbrinz verläuft. Ein echter Käse-Weg sozusagen! 🙂

Der Tag kündigt sich wunderschön herbstlich an, bereits bei der Anfahrt mit dem Zug am Brienzersee-Ufer entlang lassen sich die sich rasch verziehenden Nebelschwaden beobachten. Ich starte am Bahnhof Meiringen und ziehe schnurstracks durchs Dorf, quere die Aare ein erstes Mal und stehe als erster Tagesgast vor dem Drehkreuz zur Aareschlucht. Ganz so ohne Touristen ist die Schlucht ein wahres Vergnügen, und ich nehme mir Zeit um geologische Formationen und imposanten Felswände zu begutachten.

Ennet der Schlucht folge ich weiter dem Flusslauf, quere Innertkirchen. Längere Wegabschnitte verlaufen direkt neben der Strasse, da heisst es die frühen Pässe-Flitzer gekonnt zu ignorieren und zum Beispiel zu den Engelhörnern hochzuschauen. Geschichtlich interessant wird es in der Louwenen, wo der Weg vor Jahrhunderten wiederholt an anderer Stelle in den Fels gehauen wurde. Kurz nach Boden stehe ich vor einem versperrten Weg, ein Murgang hat diesen am Vorabend verschüttet. Ein älterer Herr, ich vermute den Gemeindeammann, kommt mir entgegen und meint, dass ich solange es ja nicht regnet, trotzdem passieren könne… Auf der Sonnseite von Guttannen setze ich mein Picknick an. Mit einem breiten Grinsen beobachte ich das unter mir liegende Dorf, in Erinnerung an meinen Sportlehrer an der Primarschule, der immer zu mit folgendem Spruch daherkam:

Manne vo Guettanne, Scheeche wi Eeche, Haar drann wi Velospeeche!

Auszug aus «Z’Stiefeli», in der Variante des TV Fraubrunnen

Nun denn, die Pause währt nicht ewig, und weiter geht’s – wiederum mir etwas lange vorkommenden – der lärmenden Strasse entlang bis hoch zum Kraftwerk Handegg, wo ich für zwei Fotos auch kurz die Hängebrücke zur Gelmerbahn überschreite. Spektakulär zieht sich das Bähnchen hoch zum Stausee, die lange Touristenschlange schreckt mich jedoch ab, ich komme ein andermal wieder.

Nach dem Hotel Handeck beginnt endlich der schöne Teil der Wanderung. Zwar sind die heulenden Motorräder, röhrenden Mofas, in den Kurven quietschenden Sportwagen und keuchenden Velofahrer unüberhörbar, doch zumindest weiss die Natur mich davon abzulenken. Die von den ehemaligen Gletscherzungen glatt-geschliffenen Flanken, die Moos- und Flechtenformationen sowie diverse Gletschermühlen sind eine wahre Augenweide. So vergeht die Zeit wie im Fluge und schon umrunde ich den Räterichbodensee. Oberhalb des Wanderwegs sind mehrere Seilschaften unterwegs, was mich an meinen frühen J+S-Kletterkurs im Jura erinnert…

Kurz darauf schieben sich die beiden Grimelstaumauern ins Blickfeld, von denen diejenige im Spittellamm in Erneuerung steckt. Deswegen führt der Wanderweg nicht wie üblich über die Staumauer selbst und dann das Grimsel Hospiz, sondern direkt hoch und die Passstrasse kreuzend. Der letzte Abschnitt entlang des Stausees und dann hoch zur Passhöhe scheint mehrheitlich neu angelegt resp. frisch instandgesetzt worden zu sein. Nach dem gefühlt tausendsten Porsche der an mir vorbeifährt sowie den aufkommenden dichteren Wolken inkl. bissig-kaltem Wind, beschliesse ich ohne Pause den Heimweg anzutreten, und steige direkt ins warme Postauto wieder hinunter nach Meiringen… Dieses fährt kurz hoch zum Grimsel Hospiz, und da erhasche ich einen Blick auf die mächtigen Baukrane, die sich höher als die Staumauer erheben. Etwas schmunzeln muss ich über die Toitoi-Kabinen für die Kranführer, hätte ich nicht gedacht.

Damit schliesse ich meine Fernwanderung entlang der Aare vorerst mal ab, die Rundwanderung zum Ober- und/oder Unteraargletscher werde ich mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht mehr in diesem Jahr angehen. Die Neun-Seen-Wanderung hat es mir da schon eher angetan, doch dazu später mehr… 🙂


Distanz: 30.5km
Höhenmeter: 2’045m
Marschzeit: 7h30
GPS-Route: SchweizMobil
Beschrieb: Via Sbrinz (Nr. 40), Etappe 3 (Abschnitt Innertkirchen – Guttannen) und Etappe 4 (Abschnitt Guttannen – Grimselpass)

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