Eigentlich hatte ich heute eine ausgedehnte Winterwanderung geplant, mir war aber bewusst, dass der Erfolg an einem seidenen Faden hĂ€ngt. Und fĂŒr einmal kam es so, wie ich es mir jeweils nicht wĂŒnsche: Ich musste rechtsumkehrt machen! Doch der Reihe nach…
Schon lange reizt mich der eine Bergwanderweg von Burglauenen an der Nordseite des MĂ€nnlichen resp. dem Itramenberg entlang hoch nach Wengen. Eher zufĂ€llig hatte ich diesen vor ein paar Jahren entdeckt, als wir im Sommer mal mit dem Auto beim Bahnhof Burglauenen ein paar Ultra-MarathonlĂ€ufer den Vortritt lassen durften (siehe Route E101/E35 auf dem Streckenplan des Eiger-Ultra-Trail). Eine kurze Recherche ergab mir viele begeisternde Berichte fĂŒr die Wanderung von Burglauenen ĂŒber die SpĂ€tenalp und das Leiterhorn nach Wengen, jedoch ausschliesslich fĂŒr den Sommer. Nun gut, denke ich, wird trotz Hinweis auf die «hinabdonnernden Schneemassen im Winter» schon irgendwie gehen. Also plane ich einen rund 30km langen Kringel fĂŒr meine heutige Wanderung, von Grindelwald nach Wengen, hoch zur Kleinen Scheidegg und schliesslich auf den MĂ€nnlichen. Wenn alles gut lĂ€uft, dann erreiche ich noch knapp das letzte Gondeli, so der Plan.
Ich starte um acht Uhr mit Schneeschuhen, Steigeisen, Wanderstöcken sowie genĂŒgend trockene Kleidung und Kalorien vom Terrassenweg in Grindelwald, schlĂ€ngle mich hurtig durchs Dorf runter an die Schwarze LĂŒtschine. Dieser folge ich zĂŒgig bis nach Burglauenen, spannend das vielbefahrene Tal mal von der anderen Seite zu sehen. Imposant auch unter der (gefĂŒhlt) ĂŒberhĂ€ngenden Felswand der Schafey zu stehen.
Noch vor der BrĂŒcke zum Bahnhof Burglauenen steigt der Bergwanderweg gleich links hoch, und ich komme gut voran. Nach ein paar Kehren endet das asphaltierte StrĂ€sschen und der Aufstieg wird schöner, teils ĂŒber tief verschneite Wiesen, teils durch den unberĂŒhrten Wald, aber auch anstrengender. An zwei Stellen kreuze ich Rinnen mit Lawinenkegeln, einmal gar ein quasi vollstĂ€ndig zerstörtes WaldstĂŒck. Herausfordernd ist nicht nur die kreuzende Kraxelei an sich, sondern auch den Bergweg danach wieder zu finden. GlĂŒcklicherweise ist – wohl ein paar Stunden vor mir – eine GĂ€mse denselben Weg gegangen, ihren Spuren folgend stosse ich fast immer auf den Wanderweg. Schliesslich erreiche ich oberhalb eines mir gefĂ€hrlich scheinenden Neuschneehangs das RittenhĂŒttli. Der Nebel hat sich gelichtet und gibt den Blick auf die Schnynige Platte frei.
Von da an gehts anstrengend weiter, zuerst durch den Tiefschnee, dann steil durch ein WaldstĂŒck, schliesslich ĂŒber einen breiten Lawinenkegel im Ahorewang. Nur mĂŒhsam kann ich die Rinne queren und das darauf folgende verwĂŒstete WaldstĂŒck hinter mich bringen. Vorsichtig nĂ€here ich mich der Schyterlamm-Rinne, bei der der Weg zuerst mit wackeligen Pfosten und einer Kordel, dann ĂŒber einen hoch absturzgefĂ€hrdeten Teil mittels Holzplanken und Stahlseilen gesichert ist. Auf der anderen Seite geht der Weg sichtlich weiter, doch als ich auf den durchhĂ€ngenden Planken stehe und erkenne, dass der abschĂŒssig liegende Schnee auf dem Weg vor mir komplett vereist ist, beschliesse ich umzukehren. Ohne Eispickel ist hier – zumindest fĂŒr mein Gusto – kein Durchkommen. Also kehre ich um, auch deshalb, weil gemĂ€ss meinem Kartenmaterial das WaldstĂŒck hinter der nĂ€chsten Kehre sprich oberhalb der Gertschmattenegg sich Ă€hnlich steil ankĂŒndet, und ich diese Passage mir sicherlich nicht zweimal zutraue…
Auf dem RĂŒckweg sinniere ich ĂŒber die gefĂ€llte Entscheidung, denn auf den geschossenen Fotos sieht alles so harmlos aus. Ich bleibe dabei, meine Entscheidung erscheint mir richtig, auch wenn es mich zugegebenermassen schon ein wenig wurmt, knapp 600m vor der Alpwirtschaft SpĂ€tenen und dem dahinter flacheren Abschnitt zum Leiterhorn hin umgekehrt zu sein. Dies ist definitiv eine neue Erfahrung fĂŒr mich, und auch die Erkenntnis, dass im steilen, verschneiten GelĂ€nde es mir einfacher fĂ€llt hoch resp. vorwĂ€rts zu gehen, als den selben Weg wieder runter resp. retour. Beim BewĂ€ltigen gewisser Passagen ist es sicherlich nicht verkehrt, sich auch Gedanken darĂŒber zu machen, ob und wenn ja wie sie in umgekehrter Richtung begehen werden können… Und ja, nĂ€chstes Mal in so steilem GelĂ€nde ist auch meine Eisaxt dabei.
Unten in Burglauenen angekommen, spare ich mir den RĂŒckweg zu Fuss nach Grindelwald und steige ins BĂ€hnli, so geht das. Und die komplette Tour spare ich mir fĂŒr den Sommer! đ
Distanz: 14km
Höhenmeter: 635m
Marschzeit: 4h15
GPS-Route:Â SchweizMobil
Beschrieb:Â Vom Schattenhang zur alpinen Sonnenterrasse (gilt nun nachweislich nur fĂŒr den Sommer!)