Diese Nacht habe ich soviel filmreifen MĂŒll getrĂ€umt, das hĂ€tte garantiert ein Dutzend B-Movies gegeben. Leider nimmt das Erinnerungsvermögen rapide ab, so weiss ich heute Abend beim Schreiben dieser Zeilen ĂŒberhaupt nicht mehr, worum es in den verschiedenen Sequenzen ging. Henu, der Tag war auch so gut gefĂŒllt! đ€© Kurz nach sieben marschiere ich los, zuerst geht es kurz runter dann stetig hoch bis zu den AuslĂ€ufern der Squaw Valley Ski Arena. WĂ€hrend der SĂŒdhang von Blumen ĂŒbersĂ€t ist, wuchern auf den NordhĂ€ngen Sesselliftmasten wie Pilze aus dem Boden. Die Szenerie erinnert mich fast ein bisschen an zuhauseâŠ
Das nĂ chste Ziel ist der Tinker Knob, ein Berg mit einer unverkennbaren braunen Kalotte. In der Ferne kann ich diesen bereits frĂŒh ausmachen, und es fĂŒhrt ein ziemlich steiler Aufstieg in der prallen Sonne auf seinen Sattel, deshalb mache ich zuerst mal Pause auf einem gezwirbelten Baumstamm. Auf dem Sattel angekommen bestaune ich die Aussicht, einerseits zurĂŒck in Richtung Lake Tahoe, vor allem aber auf die geschĂ€ftige Interstate 80 (kurz I-80), die mit 2900 Meilen von der PazifikkĂŒste in LA bis nach New Jersey im Osten fĂŒhrt, das ist lĂ€nger als der PCT. Ausserdem kann ich die Kleinstadt Truckee ausmachen, fĂŒr viele Hiker das heutige Tagesziel fĂŒr einen Resupply; nicht jedoch fĂŒr mich, ich laufe durch bis Sierra City.
Hinter dem Tinker Knob erscheint ein wahrlich schmackhafter Grat in Richtung Norden, der mein Herz im Vergleich zum Vortag höher schlagen lĂ€sst. Von einer sandigen breiten Passage geht es ĂŒber zu felsigen schroffen Zickzack-Wegen, auf der Nordseite hat es gar noch soviel Schnee, dass das VorwĂ€rtskommen ziemlich schwierig wird. Ich komme an verschiedenen skurrilen Felsformationen vorbei und ich mache mir einen Spass daraus, Gesichter darin zu erkennen. Ein paar will ich euch nicht vorenthalte⊠đ
Bevor es Mittagessen in der Donner Ski Ranch gibt, gilt es noch ein PĂ€sschen und ein ziemlich heikles Schneefeld zu ĂŒberqueren, nebst dem Touri-Wanderweg zum Trailhead-Parking runter. Unterwegs treffe ich ein Paar mit Pferden und Maultieren, wie sich spĂ€ter herausstellen wird, Bekannte von Lostboy aus Ăsterreich. Nebst dem nahenden Highway sowie dahinter did I-80 gibt es noch die Eisenbahnlinie unter dem Donner Peak durch zu erwĂ€hnen, der Tunnel 6 ist ein echtes StĂŒck Verkehrsgeschichte. Das ganze Gebiet rund um Donner Pass ist sehr geschichtstrĂ€chtig, es ranken sich die extremsten Stories von Treckern, die mit ihren Wagen, Vieh und Familie ĂŒber den – damals natĂŒrlich noch nicht ausgebauten – Pass nach Kalifornien zu traversieren versuchten. Ich erspare euch die grausligen Details⊠fĂŒr mich geht die Sache gut aus, ich kriege nebst zwei spendierten Bierchen ein typisch amerikanisches Zmittag.
Nach sagenhaften drei Stunden Pause raffe ich mich auf, die noch anstehenden gut 20km in Angriff zu nehmen. Nebst dem Kreuzen der I-80 durch zwei mit Wasser gefĂŒllten resp. durchströmten Drainage-Tunneln – nasse FĂŒsse inkl. Schuhe ahoi – gibt es zwar schöne Wald- und Meadow-Abschnitte, so richtig spektakulĂ€r wirdâs jedoch nicht mehr. Zu spĂ€ter Stunde gibtâs noch einen Waschgang im mit Moskitos verseuchten Bach, nach dem Znacht um Hiker-Midnight ist die Luft dann definitiv draussen, ich nicke gar zwei mal beim Blogschreiben ein.
2 Kommentare
KommentierenWow, was fĂŒr eine wunderschöne Landschaft. So stellt man sich Amerika vor.
Und der Donnerpass ist in der Tat legendĂ€r …
Weiterhin alles Gute!
eindrĂŒckliche Bilder! Dies Felsengesichter !… und da noch ein sportgeschichtlicher Ort, Squaw Valley Ski Arena: Dort haben 1960 die olympischen Winterspiele stattgefunden, u.a. mit dem Gewinn einer Goldmedaille fĂŒr die Schweiz, von Roger Staub im Riesenslalom. Ăbrigens seine SkimĂŒtze hat weltweite Bekanntheit erhalten, dies nicht nur bei BankrĂ€ubern.