Day#66 / Five Lakes Creek – North Creek (km 1828-1874)

Diese Nacht habe ich soviel filmreifen Müll geträumt, das hätte garantiert ein Dutzend B-Movies gegeben. Leider nimmt das Erinnerungsvermögen rapide ab, so weiss ich heute Abend beim Schreiben dieser Zeilen überhaupt nicht mehr, worum es in den verschiedenen Sequenzen ging. Henu, der Tag war auch so gut gefüllt! 🤩 Kurz nach sieben marschiere ich los, zuerst geht es kurz runter dann stetig hoch bis zu den Ausläufern der Squaw Valley Ski Arena. Während der Südhang von Blumen übersät ist, wuchern auf den Nordhängen Sesselliftmasten wie Pilze aus dem Boden. Die Szenerie erinnert mich fast ein bisschen an zuhause…

Das nàchste Ziel ist der Tinker Knob, ein Berg mit einer unverkennbaren braunen Kalotte. In der Ferne kann ich diesen bereits früh ausmachen, und es führt ein ziemlich steiler Aufstieg in der prallen Sonne auf seinen Sattel, deshalb mache ich zuerst mal Pause auf einem gezwirbelten Baumstamm. Auf dem Sattel angekommen bestaune ich die Aussicht, einerseits zurück in Richtung Lake Tahoe, vor allem aber auf die geschäftige Interstate 80 (kurz I-80), die mit 2900 Meilen von der Pazifikküste in LA bis nach New Jersey im Osten führt, das ist länger als der PCT. Ausserdem kann ich die Kleinstadt Truckee ausmachen, für viele Hiker das heutige Tagesziel für einen Resupply; nicht jedoch für mich, ich laufe durch bis Sierra City.

Hinter dem Tinker Knob erscheint ein wahrlich schmackhafter Grat in Richtung Norden, der mein Herz im Vergleich zum Vortag höher schlagen lässt. Von einer sandigen breiten Passage geht es über zu felsigen schroffen Zickzack-Wegen, auf der Nordseite hat es gar noch soviel Schnee, dass das Vorwärtskommen ziemlich schwierig wird. Ich komme an verschiedenen skurrilen Felsformationen vorbei und ich mache mir einen Spass daraus, Gesichter darin zu erkennen. Ein paar will ich euch nicht vorenthalte… 😂

Bevor es Mittagessen in der Donner Ski Ranch gibt, gilt es noch ein Pässchen und ein ziemlich heikles Schneefeld zu überqueren, nebst dem Touri-Wanderweg zum Trailhead-Parking runter. Unterwegs treffe ich ein Paar mit Pferden und Maultieren, wie sich später herausstellen wird, Bekannte von Lostboy aus Österreich. Nebst dem nahenden Highway sowie dahinter did I-80 gibt es noch die Eisenbahnlinie unter dem Donner Peak durch zu erwähnen, der Tunnel 6 ist ein echtes Stück Verkehrsgeschichte. Das ganze Gebiet rund um Donner Pass ist sehr geschichtsträchtig, es ranken sich die extremsten Stories von Treckern, die mit ihren Wagen, Vieh und Familie über den – damals natürlich noch nicht ausgebauten – Pass nach Kalifornien zu traversieren versuchten. Ich erspare euch die grausligen Details… für mich geht die Sache gut aus, ich kriege nebst zwei spendierten Bierchen ein typisch amerikanisches Zmittag.

Nach sagenhaften drei Stunden Pause raffe ich mich auf, die noch anstehenden gut 20km in Angriff zu nehmen. Nebst dem Kreuzen der I-80 durch zwei mit Wasser gefüllten resp. durchströmten Drainage-Tunneln – nasse Füsse inkl. Schuhe ahoi – gibt es zwar schöne Wald- und Meadow-Abschnitte, so richtig spektakulär wird‘s jedoch nicht mehr. Zu später Stunde gibt‘s noch einen Waschgang im mit Moskitos verseuchten Bach, nach dem Znacht um Hiker-Midnight ist die Luft dann definitiv draussen, ich nicke gar zwei mal beim Blogschreiben ein.


2 Kommentare

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Wow, was für eine wunderschöne Landschaft. So stellt man sich Amerika vor.
Und der Donnerpass ist in der Tat legendär …
Weiterhin alles Gute!

eindrückliche Bilder! Dies Felsengesichter !… und da noch ein sportgeschichtlicher Ort, Squaw Valley Ski Arena: Dort haben 1960 die olympischen Winterspiele stattgefunden, u.a. mit dem Gewinn einer Goldmedaille für die Schweiz, von Roger Staub im Riesenslalom. Übrigens seine Skimütze hat weltweite Bekanntheit erhalten, dies nicht nur bei Bankräubern.

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